Montag, 3. Mai 2021

Gefühlte Wahrheiten

 

Seltsam, in den letzten Monaten bekamen wir doch immer wieder eingebläut, dass sich sämtliche Maßnahmen bzgl. Corona erst mit einem mehrwöchigen Verzug auf den Intensivstationen bemerkbar machen können. Leuchtet ja auch ein: Inkubationszeit durchschnittlich 5-6 Tage (kann aber sogar bis zu 14 Tage betragen) und falls man dann symptomatisch erkrankt, ca. weitere 2-3 Wochen, bis man (bei schwerem Verlauf) auf der Intensivstation landet. Genauso wurde es doch immer wieder beschrieben.
 
Wie kann es also sein, dass die "Bundesweite Notbremse mit Ausgangssperre", die erst am 24.04. (also vor 9 Tagen) in Kraft trat, bereits jetzt Wirkung zeigen soll - siehe SPIEGEL-Meldung von heute?

"Intensivmediziner ziehen positive erste Bilanz von Bundesnotbremse
Die Ausgangssperren sind umstritten – zeigen aber nach Ansicht der Experten Wirkung: Intensivmediziner sehen einen positiven Effekt des Notbremsen-Gesetzes im Kampf gegen Corona."
 
Aha. Ich halte solche Schlagzeilen für nicht sehr klug, da sie nur Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern sind. Denn zum Einen (s.o.) kann die Ausgangssperre de facto ja noch gar keine Wirkung auf die Intensivstationen haben und zum Anderen gingen die Zahlen ja im Schnitt bereits seit dem 21.04. leicht runter - und tun das seitdem weiterhin. Für mich deutet das eher auf die Wirkung von Impfungen, milderen Temperaturen und Abschwächung innerhalb der besonders betroffenen (sogenannten "prekären") Hotspots/Infektionszentren hin.
 
Aber gut, wäre man an Evidenz-basierten Maßnahmen interessiert, wäre die Außengastronomie ja längst geöffnet, um Treffen in Innenräumen zu reduzieren (wie es u.a. die Niederlande, Frankreich, Belgien, Schweiz und Österreich - trotz teils wesentlich höherer Inzidenzen - tun).
Hierzulande hält man sich aber oft leider eher an "gefühlte Wahrheiten"- was betrüblicherweise auch immer wieder auf den Qualitäts-Journalismus zutrifft.

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