Montag, 12. April 2021

Wenn Kopfschütteln zum Headbangen wird

Zum Fremdschämen und Kopfschütteln: Bereits vor 11 Monaten (im Mai 2020) konnte man Christian Drosten (und viele weitere Experten) sagen hören, dass eine Ansteckung mit Corona draußen/an der frischen Luft und mit 1,5 m Abstand "allenfalls eine theoretische Gefahr" darstellen würde. Stattdessen sollte man baldmöglichst in Innenräumen durch Luftreiniger/Lüftung/Abstand und (insbesondere wo all das nicht ausreichend umsetzbar sei) zusätzlich mit Masken das Ansteckungsrisiko senken: Vor allem in Kitas, Schulen und Büros.
 
Zudem ist ebenfalls seit letztem Sommer klar, dass nur ein umfangreiches Testen vor allem asymptomatischer Menschen die Infektionsherde und unerkannten Superspreader erkennen und isolieren kann. Karl Lauterbach wiederholte Gebetsmühlenartig immer wieder, dass man Schulen und Kitas nur öffnen dürfe, wenn mindestens 2x die Woche "verpflichtend getestet" würde.
 
Und was taten unsere "handelnden", verantwortlichen Politiker*innen? Sorgten sie flächendeckend für Schnelltests? Statteten sie die Schulen und Kitas mit Luftreinigern aus? Nein, natürlich nichts dergleichen. Selbst jetzt - im April 2021(!) - noch nicht. Manche erwägen aber nun stattdessen, verfassungswidrige, bundesweite Ausgangssperren einzuführen - also z.B. auch bereits vollständig Geimpften zu verbieten, ab einer bestimmten Uhrzeit das Haus für einen Spaziergang zu verlassen. Bar jeglicher Evidenz. Da dieser hilflose und gleichzeitig Allmachtsphantasien entlarvende Unsinn sowieso direkt von den entsprechenden Gerichten einkassiert werden würde: Geschenkt!
 
Aber ich würde mich als Verantwortlicher schämen, wenn ich diesen offenen Brief lesen müsste, der heute durch praktisch alle Medien ging und die (noch nicht einmal vollständigen) Versäumnisse der letzten 11 Monate aufzeigt. Zumal sowohl wissenschaftliche Untersuchungen als auch Beispiele aus der Praxis Bayerns und Baden Württembergs zeigten, dass die Ausgangssperre an sich den kleinstmöglichen Nutzen (wenn überhaupt) darstellen würde.
Man kann auch zusätzlich nach Frankreich und den Niederlanden (seit Mitte Dezember Lockdown mit abendlicher Ausgangssperre, trotzdem immer wieder steigende Zahlen) schauen, um zu erkennen, wie nutzlos dieser Schritt alleine wäre - und vor allem wie riskant: Denn mit solchen Aktionen verscherzt man es sich auch noch mit vielen "vernünftigen" Menschen, die immer brav alle Regeln eingehalten haben (und sich darüber hinaus sogar selbst zusätzliche Regeln auferlegten, um eine gegenseitige Ansteckung zu vermeiden) - zum Beispiel mit mir: 
 
Hier ist meine Grenze, ich lasse mir ohne wissenschaftlich plausible Erklärung nicht vorschreiben, wann ich die Spaziergänge durchführen werde, die ich brauche, um physisch und psychisch nicht abzubauen! Und schon gar nicht, wenn dieses Verbot ausschließlich auf einem für sich allein vollkommen unaussagekräftigen Inzidenzwert basiert, der weder einer durchgängigen Teststrategie folgt, noch eine Positivquote (bzw. die Anzahl der dafür durchgeführten Tests) aufweist, noch die jeweils aktuelle Impfquote bzw. Erkranktenquote (denn ein positiver PCR-Test besagt ja nachweislich weder, ob jemand symptomatisch erkrankt ist, noch ob er infektiös ist - dafür müsste man noch den Ct-Wert bzw. die Virenlast des Testergebnisses kennen) berücksichtigt. 
 
Und erst recht nicht, wenn die verantwortlichen Regierenden seit 1 Jahr praktisch sämtliche Hinweise und Empfehlungen ihrer sie beratenden Wissenschaftler*innen ignorieren (siehe oben und siehe "offener Brief" - und das ist ja nicht etwa der Erste) und sie den Pflegenotstand, den sie jetzt als "Grund" für ihre Maßnahmen vorgeben, selbst über Jahre fabrizierten und ignorierten! Seit Beginn der Pandemie verringerte sich die Anzahl der Pflegenden um weitere 10.000, weil sie sich das nicht mehr antun wollen und können. Bereits im Jahr 2018 fehlten aber schon 70.000 Pflegende. Und das ist auch der Grund, warum die Gesamtzahl der Intensivbetten schrumpft (denn ohne qualifiziertes Personal kann man sie nun mal nicht versorgen) und warum der aktuelle Anteil von 18% Covid-Patienten auf den Intensivstationen (Stand 13.04.2021) bei weiterem Anstieg bald zu noch größeren Problemen führen kann.
 
Und wenn die handelnden Personen ein wenig mehr auf Hirn statt auf Bauch setzen, unterdrücken sie eventuell ihre Söderschen Herrscherträume und denken vielleicht sogar mal darüber nach, ob es schlau ist, Menschen im Frühling ab 20 Uhr auf engstem (Innen)Raum einzusperren, anstatt ihnen zu ermöglichen, sich (sogar unter "kontrollierender Aufsicht", da mit Hygienekonzept und vorgegebenen Sitzabständen) in einen Biergarten oder sonstiges Restaurant/Café mit Außengastronomie zu setzen. Wer sich legal draußen treffen darf, macht es nämlich höchstwahrscheinlich nicht mehr illegal drinnen.

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