Dienstag, 31. August 2021

Die wundersame Vermehrung der afghanischen Ortskräfte

Bin ich eigentlich der Einzige, der sich über die stetig wachsende Zahl der durch Deutschland zu rettenden Ortskräften aus Afghanistan wundert? Zur Erinnerung: Insgesamt waren zuletzt 1.300 Bundeswehrsoldat*innen in Afghanistan im Einsatz.

Am 18. Mai 2021 (also noch 3 Monate vor dem durch Bidens planlosen Auszug ausgelösten Desaster) konnte man in der ZEIT lesen, dass es sich um ca. 1.000 Menschen handeln würde.

Am 24. August las ich bei SPON, dass das "Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte" (welches ja die seriösesten Zahlen liefern können müsste), von ca. 8.000 Menschen und ihren Angehörigen ausging:
"Das Netzwerk warf der Bundesregierung vor, zu spät mit der Rückführung der Ortskräfte begonnen und sie durch bürokratische Hürden behindert zu haben. Nach seinen Angaben geht es insgesamt um 8000 Ortskräfte und Familienangehörige. Nach seinen Informationen könnten knapp 2000 bislang ausgeflogen sein."

Wenig später konnte man (ebenfalls bei SPON) Folgendes lesen:
"Seit dem 15. August, als der ehemalige afghanische Präsident Ashraf Ghani fluchtartig das Land verließ, hat die Bundesregierung laut der aktuellen Zahlen rund 3420 afghanischen Ortskräften und 12.980 Familienangehörigen eine Aufnahmezusage erteilt."

Frau Merkel äußerte sich ebenfalls dazu:


 

 

 

 

 

 



Wiederum später waren es laut Heiko Maas (der von Rücktritten bzw. dem Übernehmen kompletter Verantwortung für persönliches Versagen übrigens ebenso wenig hält wie vor ihm Klöckner, Scheuer und Spahn) schon "deutlich mehr":



 



Und gestern, am 30. August waren es bereits (Trommelwirbel) sage und schreibe 70.000 Menschen:


 

 

 

 

 
 


Die Bundeswehr war 20 Jahre lang in Afghanistan und niemand kann zuverlässig sagen, wie viele und welche Menschen in dieser Zeit für sie tätig waren? Denn dass diese unbedingt gerettet werden sollten, steht außer Frage. Mulmig wurde es mir aber ein bisschen angesichts der Tatsache, dass sich bereits bei der 1. Rückholung auch abgeschobene Straftäter (u.a. Vergewaltigung und Drogenhandel) befanden, die man nun auch nicht mehr abschieben kann, da Afghanistan dafür ja viel zu gefährlich ist. Aber das waren zum Glück nur "wenige Einzelfälle zu denen man sich nicht äußern will", zudem gilt laut Frau Baerbock ja:

 


 

 

 

 


Hier wundert mich allerdings der Plural im letzten Satz.

Sonntag, 29. August 2021

Die Wahl der Qual

Gerade das 1. (von insgesamt 3 ) „TV-Triell“ gesehen. Es ist wirklich erbärmlich peinlich, dass das die drei Besten sein sollen, die Deutschland aufzuweisen hat. Scholz ist ja nicht etwa deswegen als einziger Kandidat (im Gegensatz zu seiner Partei) wählbar, weil er so gut wäre, sondern weil er so unfassbar schlechte Gegner*innen hat:

Baerbock kann Habeck in keiner Weise das Wasser reichen und hat (wie Habeck ja selbst sagte) einfach die Geschlechter-Karte gezogen (ein Vorgehen, was den Grünen im Saarland zu Recht die Teilnahme an der Bundestagswahl gekostet hat) und dass Laschet Söder (den ich alles andere als sympathisch finde!) nicht nur von der Körpergröße hoffnungslos unterlegen ist, war auch schon vorher klar. Das gestrige Duell zwischen Habeck und Söder spielte jedenfalls in einer vollkommen anderen Liga.

Das einzig tröstliche ist, dass die (flächenmäßig 27 mal größeren und 4x höhere Einwohnerzahl) Vereinigten Staaten zwei noch größere Nieten hatte, nämlich einen psychopathischen Narzissten und einen senilen Umfaller.

Im Endeeffekt hätte ich lieber Peter Klöppel oder Nikolaus Blome als Bundeskanzler.

Sonntag, 8. August 2021

Warum ich "Lauterbach warnt" nicht mehr besonders ernst nehme

Jahrelang war ich ein großer Fan von Karl Lauterbach. In der (vor mir geschätzten) Talkshow "hart aber fair" war er immer mal wieder zu Gast und erwies sich meist als unaufgeregter, kompetenter und plausibel argumentierender Teilnehmer, zudem mochte ich seinen trockenen Humor und seine Selbstironie. Seine manchmal kontroversen Aussagen erwiesen sich im "Faktencheck" der Sendung am nächsten Tag so gut wie immer als korrekt. Zudem erinnerte er mich optisch an (den ebenfalls von mir geschätzten) Daniel Düsentrieb.

Mittlerweile hat er ja sogar eine eigene Talkshow ("Heute bei Karl Lauterbach: Markus Lanz!"), aber sein Fan kann ich beim besten Willen nicht mehr sein. Selbstverständlich ist mir klar, dass er damit gut leben können wird. Was aber brachte mich zu dieser Umkehr? 

Es war gar nicht sein ständiges Warnen vor Corona, auch wenn er das Virus ganz zu Beginn (was viele längst vergessen haben dürften) gar nicht ernst nahm ("Es wird in Deutschland wohl bei Einzelfällen bleiben“, "Mit massenhaft Infektionen ist nicht zu rechnen.", „Die Gefahr für die Mehrheit der Bevölkerung ist zum Glück sehr überschaubar.“) oder das Ausmalen der schlimmsten Szenarien (was ihm in diversen Portalen ja bereits den Spitznamen "Panik-Karl" einbrachte). Auch, dass er im Frühling 2020 ständig mit seinen Prognosen daneben lag, er einen Horror-Sommer skizzierte, der dann überhaupt nicht eintrat, sondern im Gegenteil die niedrigsten Inzidenzen und Intensivbettenbelegungen (und das ganz ohne Lockdown und Impfungen) seit Pandemiebeginn aufwies, änderte nichts an meiner Wertschätzung für ihn. Als es Richtung Herbst ging, stiegen die Inzidenzen und Klinikeinweisungen explosionsartig an - und natürlich hatte er das korrekt vorhergesagt: Ein Meteorologe, der pauschal für jeden Tag Regen vorhersagt, hat in Deutschland (bundesweit statistisch gesehen)  schließlich auch an ca. 130 Tagen Recht. Selbst seine extreme Medien-Überpräsenz störte mich zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht.

Was war es also, was mich an Lauterbach zweifeln ließ und lässt? Zum einen dass er (vor allem auf seinem Twitter-Kanal - aber auch mehrfach wöchentlich in anderen Medien) ständig vorveröffentlichte Studien (sogenannte Pre-Prints, die erst noch von Fachleuten und -Portalen begutachtet werden müssen, bevor man ihre Qualität und inhaltlichen Aussagen tatsächlich wissenschaftlich und evidenzbasiert beurteilen kann) benutzt(e), um seine Prognosen als Fakten darzustellen. Zum Anderen dass er immer wieder Behauptungen aufstellte, die jeglicher Grundlage entbehrten. Beispiele dafür finden sich mittlerweile unzählige, da viele Foren und Portale es sich bereits zur Aufgabe gemacht haben, alle Fälle zu sammeln, in denen er daneben lag (zuletzt in der WELT) aber besonders stachen für mich diese heraus:

  1. Erinnert sich noch jemand an die "englische Variante B117"? Die heißt heute ja längst (politisch korrekt) "Alpha"-Variante. Lauterbach behauptete am 10.03.2021 aufgrund eines Pre-Prints, dass sich bei dieser eine "um 67% erhöhte Sterblichkeit bestätigt" habe und sie daher "in einer 3. Welle in Deutschland leider dazu führen würde, dass viele Ungeimpfte noch kurz vor der Impfung sterben würden". Wie man 4 Wochen später lesen konnte, gab es diese erhöhte Sterblichkeit überhaupt nicht, lediglich die Ansteckungsgefahr war deutlich erhöht. Für Lauterbach war das dann ein "gutes wie überraschendes Ergebnis".

    Aber (höre ich jetzt manche Leser*innen sagen) ist das nicht der Kern aller Wissenschaft? Dass sich Erkenntnisse ständig ändern und es gerade für gute Wissenschaftler spricht, dass sie sich jeweils offen für neue Untersuchungen/Studien und deren Ergebnisse zeigen? Natürlich, aber genau das ist ja der Punkt: Seriöse Wissenschaftler würden ihre Aussagen und Prognosen viel vorsichtiger formulieren. Ein ernstzunehmender Experte hätte hier getitelt: "Wenn sich die Ergebnisse dieser vorläufigen (noch nicht begutachteten) Studie bewahrheiten und sie durch andere Studien anderer Länder bestätigt werden, könnte die britische Variante zu wesentlich mehr Todesfällen führen als das ursprüngliche Wildvirus". Klingt sperrig, nicht wahr? Wäre aber seriös!

    Nun könnte man ja anführen, dass Twitter (aufgrund seines Zeichenlimits) keinen Platz für langatmige Erklärungen lässt, aber dann darf er dieses Medium eben nicht für seine Prognosen nutzen. Zum anderen sprach er diese Warnungen ja auch genau so in jedes Mikrofon, das ihm hingehalten wurde und präzisierte sie auch nicht in seinen zahllosen Talkshow-Auftritten. Zumindest bis ihm die begutachteten Studienergebnisse schließlich das Gegenteil bewiesen.

  2.  Am 25.03.2021 unterstellte er vor Millionen Zuschauern bei "Maybritt Illner" dem spanischen Gesundheitsministerium, dass es die aktuellen Corona-Zahlen  auf Mallorca fälsche, um nicht als Hochinzidenzgebiet eingestuft zu werden. Dies führte dort zu verständlicher Empörung ("Wir sind hier schließlich nicht in einer Bananenrepublik, sondern in einem ernsthaft und professionell geführtem Land!"). Natürlich gab es überhaupt keine Hinweise auf die unverschämterweise von ihm unterstellten Tricksereien - aber bis heute habe ich keine Entschuldigung von ihm dazu gehört.

  3. Am 15.04.2021 behauptet er wiederum bei "Maybritt Illner", dass die Corona-Patienten auf der Intensivstation mittlerweile "im Durchschnitt etwa 47 bis 48 Jahre alt" seien: "Das sind Menschen mitten im Leben.”
    Wenig später musste er zugeben, dass es dafür überhaupt keine Datengrundlage gab und er auf "persönliche Schätzungen" zurück gegriffen hatte.

  4. Kinder würden an der "Delta"-Variante (vormals "indischen" Variante) viel schwerer erkranken und daher auch immer häufiger in britische Kliniken eingeliefert werden. Ebenfalls eine vollkommen falsche Aussage, die nicht auf Fakten, sondern einer (später zurückgenommenen) Einzelaussage beruhte, wie er später einräumen musste.

  5. Anstatt aus seinen Fehlprognosen des letzten Frühjahrs zu lernen, als er für den Sommer ja vor Horrorzahlen und vielen Toten warnte, verneinte er den saisonalen Faktor weiterhin und verspottete den Virologen Professor Hendrik Streeck auch noch öffentlich in (s)einer Talkshow. Wenig später musste er zurückrudern und Streeck "voll Recht" geben. Wie man mittlerweile einer Oxford-Studie entnehmen kann, macht der saisonale Faktor bis zu 40% aus.

  6.  Anlässlich der Fußball-EM, bei der wieder Zuschauer in den Stadien zugelassen wurden, schrieb er: „Es haben sich sicherlich Hunderte infiziert und diese infizieren jetzt wiederum Tausende. Die UEFA ist für den Tod von vielen Menschen verantwortlich.“ Dazu kann man heute in der Süddeutschen folgendes lesen:

    Die EM-Spiele in München haben laut dem bayerischen Gesundheitsministerium "keinen nennenswerten Beitrag zum Infektionsgeschehen im Freistaat" geleistet: lediglich fünf Corona-Infektionen im Zusammenhang mit dem Besuch eines EM-Spiels in München seien dem Landesamt für Gesundheit gemeldet worden. Zu den Spielen der UEFA EURO 2020 in München waren rund 14 500 Zuschauer in der Allianz-Arena zugelassen.

    Mit Public-Viewing-Veranstaltungen rund um die Spieltage würden bayernweit 18 Corona-Fälle in Verbindung gebracht, sagte ein Ministeriumssprecher. Außerdem seien fünf Besucher eines EM-Spiels im Ausland anschließend positiv getestet worden.

    Unnötig zu erwähnen, dass auch in England 3 Wochen nach dem EM-Finale die Zahlen (sowohl bzgl. der Inzidenz als auch der Intensivbettenbelegung) nicht etwa massiv stiegen, sondern sogar sanken - trotz "Freedom Day".

  7.  Obwohl es nach wie vor keine belastbaren Studien zu "Long Covid" bei Kindern gibt und diverse Experten sogar aussagen, dass es sich hier um eine Randnotiz und kein Massenphänomen handelt (die herkömmliche Influenza/Virusgrippe sogar schlimmere Folgen für Kinder hätte) , behauptet Lauterbach weiterhin vehement das Gegenteil. Natürlich beruft er sich hierbei wiederum nur auf Pre-Prints von Studien, die ihm in den Kram passen und ignoriert sämtliche gegenteiligen Aussagen wie z.B. die Studien aus Zürich und Dresden. Zusätzlich urteilt er in einer unglaublich anmaßenden Arroganz über die "Außenseiterpoistion" der Stiko, aber dass diese sicher "wieder zur vollen Blüte kommen werde". Spätestens hier hat Herr Lauterbach vollkommen über das Ziel hinaus geschossen.

    Dass 1 von 16.000 12-17-jährigen Jungen als Folge der Corona-Impfung eine Herzmuskelentzündung erleidet, ist (Stand heute) statistisch belegt. Wie hoch dagegen das Risiko für sie ist, an Corona zu erkranken und dann auch noch "Long Covid" zu erleiden, ist es (noch) nicht. Und genau deswegen liegt die Stiko mit ihrer derzeitigen Haltung noch vollkommen richtig und Lauterbach eben nicht. Zu dem unsäglichen Druck, der diesbezüglich auf Kinder und deren Eltern ausgeübt wird, hatte ich mich ja bereits hier ausgelassen

Ich bin daher wirklich sehr überrascht, dass ich nach wie vor täglich in diversen Kommentarspalten und Foren "Lauterbach hat fast immer Recht gehabt!" zu lesen bekomme. Und denke mir mittlerweile bei jeder Meldung, die mit "Lauterbach warnt" beginnt:
Nein, Lauterbach nervt! Und der Himmel möge uns davor bewahren, dass er mal Gesundheitsminister wird!

"Das Amt des Gesundheitsministers finde ich nach wie vor sehr reizvoll", sagte er in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit dem "Spiegel". Er sei "recht zuversichtlich", dass ihn "diese Aufgabe nicht überfordern würde", so der 58-Jährige.

Diese Zuversicht teile ich überhaupt nicht.

PS. Als ich mein Posting gerade noch einmal durchlas, fiel mir auf, dass ich ja noch gar nicht Lauterbachs mittlerweile fast schon pathologisches Selbst-Widersprechen innerhalb kürzester Zeit erwähnte. Beispiel gefällig? Zwischen diesen beiden Aussagen liegen gerade einmal15 Tage:


Und eine weitere Woche später: