Samstag, 13. Februar 2010

NEIN, bitte nennen Sie mir NICHT das Kennwort!

Wer sich schon immer fragte, was das wohl für Menschen sind, die auf angeblich "wichtige Mitteilungen" ihrer Bank reinfallen, in denen sie per E-Mail aufgefordert werden, "unbedingt mindestens 20 TANs ihrer Online-Banking-Liste" einzugeben, da "ansonsten ihr Konto nicht mehr funktionieren" würde, sollte Frau T. kennenlernen.

Frau T. arbeitet als Sekretärin im Vorstandsbereich und meldet somit als autorisiertes Sprachrohr jedes Computer-Problem ihres Vorgesetzten an uns. Meist tut sie dies per Mail, was  - zumindest akustisch gesehen - angenehm ist, denn der Klang ihrer Stimme kann einem den Tag versauen. Könnte ein Nacktmull sprechen, seine Stimme klänge recht ähnlich.

Frau T. meldet diesmal, dass da "dauernd etwas nach Benutzernamen und Kennwort fragt. Das soll weg!" und tippt fein säuberlich die gesamte Bildschirmmeldung ab. Ich habe schon lange aufgegeben, sie daran zu erinnern, dass ein Screenshot für beide Seiten angenehmer wäre und lese resigniert:
"Der Proxy an Server ... erwartet eine Eingabe Ihrer Benutzerdaten.
Benutzername: mmuster
Kennwort: xxxxxx"

Da Frau T. aber wohl selbst erkennt, dass diese "xxx" ja gar nicht dem Kennwort entsprechen, welches sie immer für ihren Vorgesetzen eingibt, schreibt sie noch brav dahinter:

"Das Kennwort lautet sonnenblume. Mfg Frau T."

Ich greife zum Telefonhörer und Sekunden später knarzt mir Frau T.s wirklich scheußliches Organ ins Headset. Ich frage nach der IP-Adresse des Computers, damit ich mich remote aufschalten kann und höre von ihr den Hinweis "Das ist aber Vorstandsdomäne, das ist vertraulich, gell?" "Ja, Frau T. das versteht sich von selbst, aber in diesem Zusammenhang noch der Hinweis, dass Sie bitte niemals Kennwörter - auch nicht die Ihres Vorgesetzten - per E-Mail oder Telefon weiter verbreiten sollten." "Net?" knarzt es mir überrascht aus dem Hörer entgegen. "Nein, wirklich nicht, Frau T. Er wäre bestimmt nicht begeistert, wenn jeder seine Intra-/Internetzugangsdaten kennen würde". "Na gut, ich dachte, Sie müssen das wissen" versucht Frau T. zu beschwichtigen.

Mit ein paar Klicks habe ich die Ursache ermittelt und ausgeschaltet: Wieder mal ein Logitech-Programm, welches sich ungefragt in den Windows-Autostart eingenistet hat, damit es stündlich nach Updates suchen kann. Zusätzlich bemerke ich aber auch, dass es sich die Blackberry-Software dort aus denselben Gründen gemütlich gemacht hat und biete Frau T. an, auch diese automatische Update-Suche auszuschalten. "Ja, das wäre toll, gell?" trompetet es begeistert aus dem Hörer. "Dazu müssten Sie aber bitte das E-Mail-Kennwort von Herrn M. in das Fenster eingeben, denn sonst kann ich das Programm nicht konfigurieren" teile ich ihr mit und deute mit dem Mauszeiger auf das bereits erwartungsvoll aufgepoppte Fenster. "Ja, das E-Mail-Kennwort? Das lautet ..." "NEIN, Frau T., bitte teilen Sie es mir NICHT mit, geben Sie es bitte einfach nur ein …"

Obwohl es mich zumindest privat interessiert hätte, wie es wohl lautet. "winterbaum"? Noch interessierter wäre ich allerdings an seiner EC-Karte - den PIN dazu würde ich von Frau T. ja sicher problemlos bekommen - aber bitte per Mail.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen