Seit 11 Monaten beherrscht die Omikron-Variante nun das Corona-Geschehen, aber scheinbar ist das weder bei allen Medien noch bei allen meinen Mitmenschen angekommen. Auch im 3. Corona-Herbst liest man überall täglich Schlagzeilen und erlebt Diskussionen, die noch aus dem Herbst 2020 stammen könnten. Daher - und weil ich auch vielen Menschen gerne unbegründete Ängste mittels Fakten nehmen möchte - dieser Blogbeitrag. Alle Erkenntnisse, Zahlen und Fakten entsprechen dem Wissensstand vom 18. Oktober 2022 (etwaige spätere Mutationen oder "Killervarianten" sind hier also nicht berücksichtigt):
Wie tödlich ist Corona seit Omikron noch?
- Im Vergleich zu Delta ist das Sterberisiko 70 bis 91% geringer.
- Der CFR-Wert ("Case Fatality Rate" = "Fallsterblichkeit") liegt für Geimpfte bei Omikron niedriger als bei einer herkömmlichen Virusgrippe/Influenza - England meldete bereits im März 2022, dass der Anteil tödlicher Krankheitsverläufe bei Coronavirus-Infizierten kleiner war als bei der saisonalen Grippe. Diese verläuft bei etwa 0,04 Prozent der Erkrankten tödlich. Bei Covid-19 waren es 0,035 Prozent.
- Wenn man weiß, dass die Dunkelziffer der Infektionen laut allen Expert*innen ca. 3x höher ist, ist die Todesrate (und die eines schweren Verlaufs) also sogar ca. noch 3x niedriger als offiziell verkündet. Denn schwere Erkrankungen würden ja nicht unbemerkt verlaufen, sondern praktisch immer in die Klinik führen, wo dann mittels Test die Infektion erkannt würde.
- Mit Paxlovid steht schon seit dem 28.01.2022 ein antivirales Medikament zur Verfügung, welches das Risiko für einen schweren Verlauf, sowie das Sterberisiko massiv senkt. Es muss allerdings innerhalb von 5 Tagen nach Symtombeginn eingenommen werden. Zudem ist bekannt, dass es kurzzeitig wieder zu einem Rebound kommen kann (was auch beim US-Präsident Joe Biden der Fall war).
Man liest aber doch ständig von über 100 Corona-Toten pro Tag?
- Deutschland schafft es auch im 3. Pandemie-Jahr nicht, saubere Daten zu liefern, wer MIT oder wer AN (also WEGEN) Covid-19 stirbt. Teilweise (vor allem bei multimorbiden Patienten) lässt sich das aber auch nicht immer sauber trennen. Es gibt allerdings immer mehr Studien und Stichproben, die Licht ins Dunkel bringen. Laut einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) bildet die Corona-Todesstatistik des Robert-Koch-Instituts in der Omikron-Welle nur bedingt die Realität ab. Demnach seien in der Omikron-Welle nur 46 Prozent der Menschen, die in der RKI-Statistik als Corona-Todesfälle erfasst sind, tatsächlich an Corona gestorben. Bei der Delta-Variante waren es noch 85 Prozent:
- „Das heißt, nur rund die Hälfte, der an das RKI gemeldeten ‚Coronatoten‘ sind mit dem Auftreten von Omikron tatsächlich dem Virus zum Opfer gefallen“, sagte Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am UKE: „An Omikron verstirbt nur sehr selten noch jemand, der geimpft ist und keine zusätzlichen Risikofaktoren hat.“. Während Geimpfte ohne Risikofaktoren bei Delta immerhin noch 8% der Verstorbenen ausmachten, war diese Gruppe unter den Todesfällen bei Omikron nicht vertreten.
- Marina Dorsch vom Helios-Klinikum Krefeld sagt: „Der letzte Todesfall bei uns, der eindeutig auf das Coronavirus zurückzuführen ist, liegt bereits Monate zurück.“
- Daten aus Dänemark und England zeigen dasselbe Bild.
Aber sind nicht auch 50 Tote pro Tag noch sehr viel?
- Pro Tag sterben in Deutschland ca. 2.700 Menschen. Wenn also 50 pro Tag tatsächlich an/wegen Omikron sterben, entspricht das einem Anteil von 1,9% aller Verstorbenen pro Tag. Zum Vergleich: Jeden Tag sterben ca. 200 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs, 350 an den Folgen des Rauchens und 500 an den Folgen von falscher Ernährung/Fettleibigkeit - das sind zusammen 39%. Ach ja: An den Folgen von Luftverschmutzung sterben ebenfalls Zehntausende pro Jahr - konkret: ca.154 von 100.000 Einwohnern sterben vorzeitig aufgrund von verschmutzter Atemluft (bei 83 Millionen Einwohnern also ca. 350 vorzeitig Verstorbene pro Tag).
Wer stirbt noch an Corona (Omikron)?
- Laut den Wochenberichten des RKI liegt der Altersmedian der an und mit Corona Verstorbenen bei 84 Jahren. Wie üblich wird "nicht nach Grund des Versterbens differenziert." (siehe auch das Zitat von Stefan Kluge - 2 Punkte weiter oben: Es sterben nur noch - meist ältere - Ungeimpfte und/oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen).
Das durchschnittliche Sterbealter in Deutschland beträgt bei Frauen übrigens 82 und bei Männern 76 Jahre. Ja, Sie haben richtig gelesen: Die an und mit Corona Verstorbenen wurden also älter als es dem bundesdeutschen Durchschnitt entspricht.
Wie krank macht Omikron noch und welchen Anteil hat Covid an Erkrankungen/Krankschreibungen in Deutschland?
- Knapp 60% aller Omikron-Infektionen verlaufen symptomlos. Aber wie soeben oben erwähnt: für Ungeimpfte, sowie schwer Vorerkrankte und/oder sehr alte Menschen kann auch Omikron noch tödlich verlaufen. Bei den schwer Vorerkrankten gilt das aber auch für alle anderen Corona-, Influenza- oder Noro-Viren (und auch bei diesen kann der Überträger symptomlos sein, weiß also gar nicht, dass er andere infiziert).
- Laut dem aktuellen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (mit über 11 Mio. Versicherten die größte gesetzliche Krankenkasse Deutschlands) sorgte Covid im ersten Halbjahr 2022 für 0,3 Fehltage pro Versichertem. Andere Atemwegserkrankungen/grippale Infekte/Influenza verursachten eine 7x höhere Krankheitslast - nämlich 2,1 Fehltage pro Versichertem.
Insgesamt hatte Covid einen Anteil von 3,3% aller Krankschreibungen - und spielte somit "über alle Diagnosen hinweg eine sehr untergeordnete Rolle bei den Krankmeldungen". - Dass Grippe/grippale Infekte im gesamten Jahr 2022 für viel mehr krankheitsbedingte Ausfälle sorgte als Corona, konnte man übrigens schon im Mai und August lesen. Aber im täglichen Gesamtgetöse zu Corona ging das leider immer wieder unter.
- Ergänzung vom 20.10.2022: Auch die DAK berichtet in ihrer Auswertung vom Juli bis September 2022 (Datengrundlage waren 2,2 Millionen Versicherte), dass Covid-19 5x weniger Krankheitstage verursachte als andere Atemwegserkrankungen/grippale Infekte:
"Der Anteil von Coronaausfällen am gesamten Krankenstand sank laut DAK auf 3,1 Prozent – nach 9,5 Prozent im ersten Quartal und 6,3 Prozent im zweiten Quartal. Andere Atemwegserkrankungen machten zuletzt 15,4 Prozent aus." - Professor Michael Albrecht, Chef des Dresdner Uniklinikums, bestätigt das, warnt vor einer Influenza-/Grippewelle und rät allen zur Grippe-Impfung. Interessanterweise macht er u.a. das Maskentragen mit dafür verantwortlich: "Wir haben nahezu keinen Immunschutz mehr gegen die Influenza. Das liegt daran, dass mit den notwendigen Corona-Maßnahmen wie Maskentragen und Abstandsregeln die Infektionsketten auch gegen die Grippeviren so unterbrochen worden sind, dass die Menschen keine Immunität in größerem Stil aufbauen konnten."
Aber die Kliniken sind doch wegen Corona stark überlastet?
- Aktuell liegen auf Deutschlands Intensivstationen 1.700 Patienten mit einem positiven PCR-Test. Das entspricht einem Anteil von 7% aller Intensivbetten. Diese Tagesschau-Grafik veranschaulicht das:
Zum Vergleich: im Januar 2021 waren es bis zu 5.750 Corona-Intensivpatienten - also mehr als 3x so viele wie heute. Und: Diese hatten einen
hohen Beatmungsanteil und sie lagen WEGEN Corona dort.
- Da
(im Gegensatz zu Ländern wie Dänemark, England oder Österreich) nach
wie vor keine bundesweite Erhebung existiert, wer WEGEN und wer MIT
Covid dort liegt, kann man sich nur auf Stichproben verlassen. Als
einziges Bundesland liefert Bremen
diese Daten. Dort lag die Hospitalisierungsinzidenz zuletzt bei 5,83.
WEGEN Corona lag sie bei 0,18, MIT Corona lag sie bei 5,65. Das
bedeutet, dass von 100 Corona-Positiven gerade mal 3 WEGEN und 97 MIT
Corona dort lagen.
- In Rheinland-Pfalz liefern einzelne Kliniken ebenfalls Covid-Wochenberichte
mit diesen Daten. Für die letzte Woche waren von 539 Corona-positiven
Patienten 59 wegen Corona eingeliefert worden, also ein Anteil von knapp
11%.
89% lagen also auch hier als "Zufallsbefunde" MIT Corona dort. - Ach ja: Schon Im Januar 2022 konnte man das vereinzelt lesen - in Frankfurt waren z.B. 90% aller Corona-Positiven gar nicht wegen der Infektion dort, sondern nur (größtenteils symptomlose) Zufallsbefunde. Die Helios-Kliniken (Deutschlands größter private Krankenhausbetreiber) erfassten und meldeten das ebenfalls schon vor Monaten. Unsere Medien zogen es aber größtenteils vor, weiterhin täglich nur undifferenziert unaussagekräftige Inzidenzen und "Corona-Tote" zu melden.
- Ein Blick nach Österreich zeigt übrigens, dass auch dort zuletzt 12% der Corona-Positiven wegen Covid auf den Intensivstationen lagen.
- Fakt ist: Die Kliniken haben bei jedem Corona-Positiven einen Mehraufwand, da
diese Patienten isoliert werden müssen. Aber der 7%ige Anteil ist nicht
der Auslöser für die Überlastung, sondern die Überlastung ist das
Symptom des Pflegenotstands, der seit Jahren bekannt ist und ebenso
lange ignoriert wird und durch Corona (und Verrentung) noch schlimmer
wurde. Ich verweise hier auf meinen Blog-Eintrag vom 19. April 2022
(dort ab "Pflegenotstand"). Nicht zu vergessen ist hier der große
Anteil, den Lauterbach selbst zu verantworten hat, weil erst durch seine Einflüsterungen an die damalige Gesundheitsministerin die unseligen Fallpauschalen eingeführt wurden.
- Fakt ist zudem, dass in Ländern wie Frankreich oder Österreich (in denen die Isolationspflicht ja grundsätzlich abgeschafft wurde) Corona-positives medizinisches Personal arbeiten darf, wenn es symptomlos ist (was - wie oben erwähnt - für knapp 60% aller Omikron-Positiven gilt) und eine FFP2-Maske trägt. Karl Lauterbach lehnt das weiterhin ab, wodurch die Besetzung in den Kliniken weiter verkleinert wird.
- Aktuell sind viele Klinikmitarbeiter*innen übrigens nicht (nur) mit SARS-CoV-2 infiziert, sondern leiden (wie üblich im Herbst) an Grippe und grippalen Infekten. Gerhard Gaß (Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft sprach wörtlich von "einem verheerenden Dreiklang aus Personalausfällen durch Coronavirus-Infektionen und andere saisonale Atemwegserkrankungen, aus wachsendem wirtschaftlichem Druck und Bürokratie". Bei den meisten Medien schaffte es aber nur 1 der 3 genannten Punkte des "Dreiklangs" in die Schlagzeilen: Natürlich die Corona-Infektionen.
Wie sinnvoll ist es, jetzt wieder eine grundsätzliche Maskenpflicht in allen Innenräumen einzuführen?
- Laut der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten IMMUNEBRIDGE-Studie zum Immunisierungsgrad in der Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 haben 95% aller Deutschen mittlerweile Antikörper gegen Sars-COV2 - sei es durch Impfungen, Infektionen oder beides.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger kommentierte am 13.10.2022 dazu:
"Mit Blick auf den Entscheidungsspielraum der Länder heißt das: Sie müssen nur dann auf zusätzliche Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zurückgreifen, falls sich eine neue, gefährlichere Variante durchsetzen sollte."
IMMUNEBRIDGE-Sprecher Prof. Dr. Hendrik Streeck, Institut für Virologie, Universitätsklinik Bonn, ergänzt:
„95 Prozent der Bürgerinnen und Bürger hierzulande haben inzwischen eine Grundimmunität entwickelt. Dies bedeutet in der Pandemie-Bekämpfung, dass Infektionszahlen nicht mehr in erster Linie ausschlaggebend sind, sondern wie viele Patienten im Krankenhaus ‚wegen‘ Corona behandelt werden. Die Daten zeigen aber auch, dass wir eine deutliche Immunitätslücke in den Risikogruppen haben und das Impfkampagnen bei über 70-Jährigen dringend notwendig sind."
- In allen 26 anderen EU-Ländern existiert (zum Großteil bereits seit März 2022) keine Maskenpflicht mehr in Innenräumen. Die Niederlande hatten noch am 12. Februar 2022 eine Inzidenz von sage und schreibe 5.108. Am 23. März lag sie immer noch bei 1.805, trotzdem wurden dort an diesem Tag sämtliche Maßnahmen (inkl. der Maskenpflicht in Innenräumen) aufgehoben. Übrigens bei einer schlechteren Impfquote als Deutschland. Und was passierte seitdem? Die Inzidenzen sanken dort kontinuierlich und lagen meist 2-stellig (aktuell bei 132). Auf den Intensivstationen lagen im März noch 160 und seitdem immer zwischen 20-50 Patienten wegen/mit Corona. Offensichtlich ebbte die Welle dort ohne jegliche Maskenpflicht von selbst ab.
- Ein deutscher "Feldversuch" aus der Praxis: Als einzige Bundesländer behielten Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern die Maskenpflicht bei, als sie im übrigen Bundesgebiet zum 2. April 2022 wegfiel. Auf die Inzidenzen hatte das überhaupt keine messbare Auswirkung.
- Ein weiterer Feldversuch war die diesjährige sogenannte "Sommerwelle" in Deutschland: Sie ebbte ohne weitere Maßnahmen ab (und nein, das lag nicht etwa am Wetter, sie hatte sich ja trotz des heißen Wetters erst im Sommer auf- und dann wieder abgebaut) - von 740 am 15. Juli auf 215 am 4. September.
- Und Einen erleben wir gerade Live: Die "Herbstwelle", die sich (ebenfalls ganz von selbst) soeben wieder abbaut: Von einer 884-Inzidenz am 12. Oktober auf 688 am 18. Oktober (Rückgang um gut 22% in 6 Tagen). Der "R-Wert" sank ebenfalls konstant von 1,35 am 26. September auf 0,85 heute/18. Oktober - ein Rückgang um 37%. Es ist mir daher unverständlich, warum unsere Medien nicht viel stärker betonen, dass sich die Corona-Wellen auch ohne Maskenpflicht von selbst erledigen.
Ergänzung vom 02.11.2022: Die Inzidenz ist mittlerweile auf 279 gesunken, der R-Wert auf 0,70. Eine Grafik von ZEIT-Online zeigt den Wellenverlauf seit Aufhebung der Maskenpflicht (rechts unten) sehr deutlich. Alle Wellen flachten ohne weitere Maßnahmen immer von selbst ab: - Auf der Webseite "Corona in Zahlen" kann man das auch für zig weitere EU-Länder beobachten, die alle ihre Maßnahmen aufhoben. Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich, Dänemark (von Schweden ganz zu schweigen) Niederlande und die Schweiz betrachten Corona längst als einen normalen grippalen Infekt, der zum Lebensrisiko dazugehört und behandeln ihre Einwohner daher als mündige Bürger, die selbst entscheiden dürfen, wann, wo und wie oft sie Masken tragen und sich boostern lassen wollen. Dort wird auch schon seit Monaten nicht mehr auf Inzidenzen geschaut. Sie werden Schwierigkeiten haben, die tagesaktuellen Zahlen auf den Webseiten der dortigen größten Medien zu finden. Nur Deutschland meldet sie noch täglich in den Schlagzeilen. In den anderen EU-Ländern konzentriert man sich auf die Hospitalisierungen - und unterscheidet dabei ebenfalls deutlich, wer wegen oder mit Corona eingeliefert wurde.
- Laut Virologen wie Drosten und Streeck geht es zudem ja schon lange nicht mehr darum, jede Infektion zu vermeiden. Maskenpflicht ist immer dann sinnvoll, wenn man eine drohende Pandemie verhindern/eindämmen will - vor allem, wenn sie lebensbedrohlich für alle ist (niemand würde am Sinn einer Maskenpflicht bei Ebola zweifeln). Das ist bei Corona offensichtlich weder mehr nötig (siehe alle Ausführungen oben) noch möglich (auch wenn China das noch anders sieht und an seiner menschenverachtenden 0-Covid-Politik festhält).
Laut allen Expert*innen wird SARS-CoV-2 nie wieder verschwinden - genauso wenig wie alle anderen Coronaviren vorher, die längst endemisch sind und zusammen mit Influenza-, Rhino- oder Adenoviren immer wieder für grippale Infekte bzw. Virusgruppen sorgen werden. Wenn man sich selbst schützen will, weil man vorerkrankt/gefährdet ist oder einfach grundsätzlich eine Infektion vermeiden will, kann und soll man das (möglichst mit einer FFP2- oder gar FFP3-Maske) tun.
- Die meisten Infektionen erfolgen nicht im öffentlichen, sondern im privaten Umfeld. Dort kann es aber rein rechtlich nie eine Maskenpflicht geben. Das ist der Grund, warum viele wissenschaftliche Untersuchungen weltweit zum Schluss kamen, dass die Maskenpflicht im öffentlichen Raum praktisch keinen Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat. Natürlich schützen korrekt getragene FFP2-Masken wirksam vor einer Infektion - aber dafür muss man eben immer eine tragen, sobald man mit Menschen zusammen kommt. Egal ob im Beruf, im Supermarkt, im Restaurant oder zu Hause. Es ist dabei ausreichend, wenn derjenige, der sich schützen will/muss, eine trägt. Wie zum Beispiel medizinisches Personal, das täglich stundenlang in teils kleinen/voll belegten Räumen ohne jeglichen "Sicherheitsabstand" Covid-Patienten behandelt - und nur durch die eigene FFP2-Maske geschützt ist.
- Im "Bericht des Sachverständigenausschusses zur Evaluation der Maßnahmen der Pandemiepolitik" wurde ebenfalls auf die mangelnde Evidenz der vorhandenen Studienlage verwiesen: "Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken ist aus den bisherigen Daten nicht ableitbar." Zudem wird auch dort auf frühere Erhebungen verwiesen, nach denen "rund 70 Prozent der Infektionen im privaten Umfeld stattfinden, aber nicht im Einzelhandel oder an ähnlichen Orten"
- Die Virologen Hendrik Streeck ("Maskenpflicht wird in dieser Phase gar keinen Effekt haben") und Jonas Schmidt-Chanasit („Lauterbachs Masken-Regelung würde keine Veränderung bringen, das haben die Daten gezeigt“) halten eine Maskenpflicht im derzeitigen Stadium ebenfalls nicht für sinnvoll.
- Die Hauptargumente gegen eine generelle Maskenpflicht in allen Innenräumen sind somit offensichtlich: Sie hat keinerlei Auswirkung auf das Infektionsgeschehen und es würde nie zum Ende einer Maskenpflicht kommen, da SARS-CoV-2 nie wieder verschwinden wird. Konsequent zu Ende gedacht würde dies also lebenslanges Maskentragen in Innenräumen bedeuten.
- PS. Erinnern Sie sich noch an die starke Grippewelle 2017/2018? Laut RKI starben damals in den 5 Grippemonaten bis zu 25.000 Menschen an der Influenza (also 5.000 pro Monat - weit mehr als jetzt an Omikron sterben). Wurde damals nach Maskenpflicht oder 2G gerufen? Natürlich nicht. Immerhin: es wurde damals in den Medien darüber berichtet. Aber nur sehr vereinzelt und nur alle paar Wochen. Nicht mehrfach täglich wie heute und vor allem nicht immer als Schlagzeilen.
Wie ist die Lage bei Long-Covid (bzw. Post-Covid)?
- Zunächst zur Begrifflichkeit, weil das in vielen Medien noch immer unterschiedlich bezeichnet wird: Seit Oktober 2021 (basierend auf einer vorläufigen Falldefinition der WHO) bezeichnet "Long-Covid" die Fälle, bei denen noch 4 Wochen nach einer Corona-Infektion Symptome auftreten und "Post-Covid" die, bei denen das auch nach 12 Wochen/3 Monaten der Fall ist. In der medialen Praxis wird aber oft weiterhin pauschal alles als "Long Covid" benannt.
- Bis zur Delta-Welle ging man von ca. 10% aller Covid-Erkrankten aus, die von Long Covid betroffen waren. Seit Omikron sank dieser Wert auf 4,4%. Natürlich muss man auch hier berücksichtigen, dass die "echte Infektions-Inzidenz" 3x höher liegt - entsprechend müsste man die 4,4% also dritteln.
- Im bereits oben erwähnten Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse betraf Long Covid 1% aller Corona-Erkrankten. Im Schnitt waren sie 105 Tage krankgeschrieben.
- Ob eine Impfung vor Long-Covid schützt, ist nicht erwiesen. Je nachdem, welche Studie man dazu liest, ist das der Fall - oder eben auch nicht. Karl Lauterbach erwähnt übrigens immer nur Erstere.
Das RKI ist hier seriöser und schreibt: "Die wenigen Studien, die diese Fragestellung unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe untersucht haben, sind jedoch methodisch und im Ergebnis sehr heterogen. Des Weiteren wird auch ein positiver Einfluss einer Impfung nach stattgehabter Infektion und bei bereits bestehenden Long-COVID-Symptomen berichtet. Allerdings ist auch hier der Kenntnisstand nicht abgeschlossen." - Was zunächst äußerst selten in unseren Medien erwähnt wurde (hauptsächlich, weil man Impfgegnern und Corona-Leugnern kein Wasser auf ihre Schwurbel-Mühlen liefern wollte) ist, dass auch die Impfung selbst dieselben Long-/Post-Covid-Symptome auslösen kann wie eine Corona-Infektion: Das sogenannte Post-Vaccine-Syndrom. Am Ende dieses Blog-Beitrags finden Sie zahlreiche Links dazu - und in der gestern in der ARD ausgestrahlten (und meiner Meinung nach sehr fundierten und sehenswerten) Doku "Die Pandemie der Unbehandelten" kommen 3 Patientengruppen zu Wort: Long Covid-, Post-Vac- und ME/CFS-Patienten, die teils seit 10 Jahren (also vollkommen unabhängig von Corona) am Chronischen Fatigue-Syndrom leiden. Von ihnen gab es in Deutschland bereits vor der Pandemie (je nach Schätzung) 250.000-300.000 Patienten. Seit Corona kamen ca. 10.000 Neue hinzu.
- Nach wie vor sind sowohl ME/CFS als auch Long Covid und Post-VAC nicht ausreichend erforscht:
- Bei ME/CFS ging als Auslöser immer eine Infektionskrankheit voraus - z. B. das Epstein-Barr-Virus oder die Influenza. Entsprechend kann auch SARS-CoV-2 die Ursache sein.
- Bei Long Covid gibt es verschiedene Theorien: Laut einer Studie der neurologischen Klinik an der Uniklinik Essen begünstigen psychosomatische Konstellationen/Vorerkrankungen die Entstehung, siehe dieses WDR-Interview mit dem ärztlichen Direktor. Ebenso kann aber auch (genau wie bei ME/CFS) eine Reaktivierung von Epstein-Barr (was ca. 95% aller Menschen in sich tragen und was auch das "Pfeiffersche Drüsenfieber auslöst) Long Covid hervorrufen. Andere Theorien gehen von Blutgerinnseln aus, die durch Blutwäschen beseitigt werden können - und wieder andere vermuten entweder ein überschießendes Immunsystem oder Virenreste als Auslöser.
- Dasselbe gilt für das Post-Vac-Syndrom (wobei hier dann natürlich nicht das Virus selbst, sondern das Spike-Protein aus der Impfung verantwortlich ist). Hier kommt allerdings erschwerend dazu, dass die Dunkelziffer extrem hoch ist, da viele Ärzt*innen die Nebenwirkungen nach der Impfung nicht meldeten. Teils, weil sie nicht daran glaubten, teils weil sie für diese (durchaus zeitraubende Meldung) keinerlei Vergütung erhielten und teils weil sie nicht in die Nähe von Corona-Leugnern oder Impfgegnern gerückt werden wollten, wie die erwähnte ARD-Doku auf bestürzende Weise zeigt.
- Um das Ganze noch komplexer zu machen, sei noch erwähnt, dass es auch Patienten gibt, die nachweislich weder Corona-infiziert, noch kürzlich geimpft waren und trotzdem dieselben Symptome entwickelten wie bei Long Covid und Post-Vac. Die Gutenberg COVID-19 Studie schreibt dazu: "Mehr als 40 % der Personen ohne frühere SARS-CoV-2-Infektion berichteten über Long COVID-artige Beschwerden während der Pandemie, die über mindestens 6 Monate anhielten."
- Auch der Stiko-Chef Thomas Mertens berichtete bereits im letzten Sommer von einer Schweizer Studie zu Long Covid bei Kindern: „Die Krankheitslast des Long Covid ist bei denen, die infiziert worden waren, und denen, die nicht infiziert worden waren, praktisch gleich.“ Man könne also nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass die Symptomatik auf die Virusinfektion zurückzuführen sei.