Donnerstag, 17. Juni 2010

Liebe "Notebook-im-Meeting-Dabeihaber" …

… eines vorweg: Ich mag Meetings auch nicht besonders. Ich arbeite lieber. Vor die Wahl gestellt, 2 Stunden lang HelpDesk-Anrufe von unfreundlichen, genervten und cholerischen Usern anzunehmen oder für den selben Zeitraum einem Meeting beizuwohnen, würde ich mich fast immer für die Anrufer entscheiden - einfach weil ich dann auf jeden Fall etwas bewirken konnte und konkret etwas geleistet/geholfen habe. Natürlich kann man das nicht pauschal über alle Meetings sagen - aber leider waren gerade mal 30% all meiner bisher Erlebten wirklich produktiv und zielführend. Dass es nicht mehr waren, lag natürlich meist an falscher/schlechter Planung ("zu viele Köche verderben den Brei", "Bremser statt Entscheider"), mangelhafter Organisation ("Zeitrahmen bis zum Ziel viel zu lang") oder anderen Gründen, die ich hier lieber nicht aufführe. Was mir aber verstärkt in den letzten Monaten sauer aufstößt, ist die Unsitte, deretwegen ich mich heute an Euch wende: 8 von 10 Teilnehmern starren während des Meetings gebannt auf ihre Notebooks, checken Mails und täuschen lebensnotwendige Arbeiten vor (auch wenn sie in Wirklichkeit Solitaire spielen oder auf Facebook surfen). Dazu einige Beobachtungen und Anmerkungen:
  • Der Einzige, der während eines Meetings oder einer Präsentation sein Notebook aufgeklappt haben muss, ist der Vortragende (bzw. das arme Schwein, welches Protokoll schreiben muss). Wer sich nicht daran hält, zeigt sein Desinteresse dermaßen deutlich, dass er lieber gleich draußen bleiben sollte. Ich packe auch nicht währenddessen den SPIEGEL oder ein Buch aus und lese darin
  • Eventuell hat Euch mal jemand gesagt, dass man "wichtig" und "unentbehrlich" wirkt, wenn man im Meeting mit gerunzelter Stirn und angespanntem Gesichtsausdruck seine Mails liest - lasst mich das bitte korrigieren: Es wirkt lächerlich und extrem unhöflich! Wer wirklich "wichtig" ist, hat Leute, die seine Aufgaben für die Dauer des Meetings übernehmen. Ein (zum Glück mittlerweile ehemaliger) Kollege trieb das perfekt auf die Spitze: Monatelang wunderte ich mich in diversen "Jour Fixes" (Unwort!) über ihn, wie er mir gegenüber sitzend kopfschüttelnd seine Klicks kommentierte, die er auf seinem Notebook ausführte. Er wirkte wie jemand, der gerade eine Absage auf seine Vorschläge zur Nahost-Politik erhalten hatte. Irgendwann setze ich mich mal neben ihn und bemerkte, dass er nichts weiter tat, als seinen Posteingang immer wieder zu minimieren und maximieren - und bei jedem zweiten Klick laut seufzte oder den Kopf schüttelte. Eventuell tat ihm das Ganze ja wirklich physisch weh, daher beugte ich mich irgendwann mal zu ihm rüber und murmelte mitfühlend: "Ganz schön anstrengend, oder?" Danach achtete er immer sorgfältig darauf, nicht mehr neben mir zu sitzen
  • Eventuell habt Ihr schon einmal mitbekommen, dass Kindern vor dem Unterrichtsbeginn das Handy seitens der Lehrkörper konfisziert wird - das soll bewirken, dass dem Vortragenden zugehört wird. Natürlich kann man das geistige Abschalten der Rezipienten damit nicht ausschließen - aber es erfolgt dann eben zumindest subtil und nicht so offensichtlich ignorant. Aus dem selben Grund spreche ich das auch bei allen Schulungen/Präsentationen, die ich halte, direkt an, denn:
  • Im Gegensatz zu besagten Schulkindern, denen eine Aussage wie "Ich habe jetzt aber gar keine Lust auf den Unterricht, ich möchte lieber SMS schreiben!" wenig bringen würde, könntet Ihr ja Eure Meeting-Teilnahme einfach vorher absagen. Scheitern tut dies in der Regel aber an triftigen Gründen oder mangelndem Selbstbewusstsein, oder?
In diesem Sinne: Ihr könnt gerne Eure Köpfe abschalten, aber dann bitte auch Eure Notebooks!

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