Samstag, 3. April 2010

Schmand am Gründonnerstag

Gründonnerstag, 18 Uhr. Ich habe bewusst diese Uhrzeit zum Einkaufen gewählt, da der Deutsche an sich um diese Zeit gerne sein Abendbrot zu sich nimmt. So steuere ich also meinen lokalen REWE-Markt an und drehe gleich wieder um: Der Parkplatz ist brechend voll - teils stehen die Autos bereits in 2. Reihe.

Viel brauche ich eigentlich gar nicht - die Butter ging mir am Vortag aus, Schinken auch und für den nächsten Tag benötige ich noch etwas Schmand. Ich parke also in einer Nebenstraße und betrete das Grauen: Schlecht gelaunte Panikkäufer schieben ihre zum Bersten gefüllten Einkaufswagen durch die überfüllten Gänge. Um am Kühlregal die Butter erblicken zu können, muss man sich erst einmal anstellen. Ich fühle mich im falschen Film. Ist eine Krise ausgebrochen? Irgendwo eine Atombombe detoniert? Hat Bin Laden die Großlager der REWE-Märkte bombardieren lassen? 

Viel Zeit für eine Produktauswahl habe ich nicht. Kaum stehe ich endlich in Reichweite der gewünschten Lebensmittel spüre ich schon zischelnde Unruhe hinter mir. Gierige Hände wollen bereits nach den abgepackten Wurstscheiben aus unglücklichem Schweinefleisch greifen - ja, der Panikkäufer weiß genau, was er will, der braucht nicht zu überlegen. Wahrscheinlich hat er seinen seitenlangen Einkaufszettel bereits am Morgen verfasst - und den gilt es jetzt zielstrebig abzuarbeiten.

Schmand, Schmand, ich finde keinen Schmand. Neben mir ein gleichaltriger Herr, der ebenfalls bestürzt die leeren Regalflächen absucht und schließlich seinen Zeigefinger auf die Beschriftung legt: "Hier stand der Schmand. Gibt's doch nicht, alles weg!". Ich wittere einen Bruder im Geiste: "Ich nehme an, Sie wollten auch keinen Großeinkauf machen, oder?" Unruhig blickt er um sich, als vermute er lauschende Ohren, dann raunt er mir zu: "Die sind doch bekloppt hier. Vor jedem Feiertag dasselbe - es wird eingekauft, als gäbe es wochenlang nichts mehr zu fressen. Meine Frau arbeitet als Käseverkäuferin auf einem Wochenmarkt, die hat mich gerade angerufen, dass sie heute den umsatzstärksten Tag des Jahres hatte. Schauen Sie sich mal die Einkaufswagen an."

Und in der Tat, es ist kaum vorstellbar, dass diese Tonnen an Lebensmitteln nur am morgigen Karfreitag verzehrt werden. An den Kassen lange Schlangen. Ich habe nur 3 Sachen zu bezahlen (statt Schmand nahm ich dann eben Crème fraîche), aber vorlassen tut mich natürlich niemand. Es ist Krieg, da denkt jeder erst mal nur an sich. Wer weiß, wann die Geschäfte wieder aufmachen? Ich bin mir zwar sicher, dass das bereits übermorgen wieder der Fall sein wird, bin mir aber ebenso sicher, dass das Spiel dann wieder von vorne beginnt: Denn dann muss man ja sogar 2 einkaufsfreie Ostertage überbrücken. Es empfiehlt sich also, den PKW zuhause zu lassen und einen 7-Tonner zu mieten, um die Einkäufe komplett nach Hause bringen zu können. Sicher ist sicher.

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